Bei Hertha BSC herrscht nach der Niederlage in Hoffenheim zurückhaltend ausgedrückt große Ernüchterung. Vor allem auch die Art und Weise, wie die Berliner im Kraichgau verloren haben – harmlos, ideenlos, mutlos, ohne jede Energie – sorgt für allgemeine Ratlosigkeit. Hertha präsentierte sich in seinem letzten Spiel vor der kurzen Liga-Pause wie ein Absteiger. Auf die Trainerfrage soll das alles keine Auswirkung haben, hieß es bislang immer. Ändert sich das gerade mit dem Einstieg des neuen Investors?
Klar ist, dass 777 Partners, Herthas neuer Mehrheitseigner aus den USA, es kaum sang- und klanglos hinnehmen kann, wenn Hertha in die 2. Liga absteigt.
Die Amerikaner sind knallharte Geschäftsleute, die es nicht zulassen können, dass ihre 100 Millionen-Finanzspritze, die der Alten Dame nicht zuletzt ihre Lizenz gesichert hat, in der Zweitklassigkeit verbrannt wird.
Wenig Argumente für Sandro Schwarz
Hertha hat eine verheerende Saisonbilanz; fünf Siegen stehen vierzehn Niederlagen gegenüber. Vor allem auswärts bekommen die Berliner nichts zustande. Das 1:3 in Hoffenheim war die achte Auswärtsniederlage in Folge. Für das Saisonfinale verheißt das nichts Gutes: fünf der neun ausstehenden Partien finden auswärts statt.
Zu einer Trainerdiskussion führten die desaströsen Ergebnisse der Hertha-Elf bislang nicht. Sandro Schwarz erhielt seitens der Vereinsführung bisher immer Rückendeckung. Schwarz genieße das volle Vertrauen, betonte Hertha-Präsident Kay Bernstein noch kurz vor dem Hoffenheim-Spiel.
Auch Schwarz selbst gibt sich äußerlich unbeeindruckt. Er spüre jeden Tag die komplette Rückendeckung des Sportdirektors, des Trainerstabs und der Mannschaft. Die Frage ist nur, wie lange sich der neue Investor das alles noch anguckt.
Gerüchte um Markus Gisdol als Schwarz-Nachfolger
Herthas neuer Mehrheitseigner 777 Partners beabsichtigt auch im sportlichen Bereich Einfluss zu nehmen. Johannes Spors, Sportdirektor der 777-Football-Group, soll dem Vernehmen nach schon bei den Januar-Transfers ein Wörtchen mitgesprochen haben.
Und Don Dransfield, CEO der 777-Football-Group, sitzt seit zwei Wochen mit im Hertha-Beirat. Kaum vorstellbar, dass sich die Beiden einspruchslos mit ansehen werden, wie Hertha weiter in Richtung 2. Liga taumelt.
So kamen denn auch unmittelbar nach der Pleite in Hoffenheim Gerüchte auf, dass bei der Alten Dame ein neuer Trainer gehandelt wird. Angeblich soll Markus Gisdol in den Gedankenspielen der Hertha-Chefetage eine Rolle spielen.
Wer rettet Hertha im Saisonfinale?
Gisdol ist nach seinem Rücktritt bei Lokomotive Moskau im März 2022 ohne Beschäftigung, und war pikanterweise schon als Nachfolger von Hoffenheims neuem Coach Pellegrino Matarazzo im Gespräch, der dort nach fünf Niederlagen in Folge schon wieder auf der Abschussliste stand. Der Sieg über Hertha hat ihm wohl einstweilen den Job gerettet.
Markus Gisdol hätte im Prinzip Erfahrung in der Rolle als Feuerwehrmann. Als er im November 2019 beim 1. FC Köln als Nachfolger von Achim Beierlorzer übernahm, standen die Geißböcke mit 7 Punkten auf dem 17. Tabellenplatz. In den 13 darauffolgenden Liga-Spielen fuhren die Kölner unter ihm dann 25 Punkte ein.
Dennoch fragt sich natürlich, ob es Sinn macht, so kurz vor dem Saisonende noch die Pferde zu wechseln. Wenn, dann hätte der Trainerwechsel am Sonntag oder Montag nach der Hoffenheim-Niederlage erfolgen müssen, damit der neue Übungsleiter die Zeit bekommt, mit der Mannschaft in der Länderspielpause zu arbeiten.
Einen Kontakt zu Gisdol soll es seitens der Hertha-Führung noch nicht gegeben haben.